FELIX UND FANNY MENDELSSOHN

Felix Mendelssohn Bartholdy (*1809) und seine Schwester Fanny Mendelssohn Hensel (*1805) verband eine einzigartige Geschwisterbeziehung. Als Kinder wurden Fanny und Felix gleichermaßen als die beiden talentiertesten Wunderkinder in Europa angesehen. Selbst Goethe behauptete, dass "die beiden die Zukunft der germanischen Musik verkörperten". Fanny bewunderte ihren jüngeren Bruder, und Felix bewunderte seine Schwester; zwischen den beiden bestand eine unvergleichliche Nähe, sie waren unzertrennlich.

Während der Jugendzeit der beiden entfernte sich Fannys Leben langsam, aber unausweichlich immer mehr von dieser Welt, nach der sie sich so sehnte, hin zu der einer zukünftigen Hausfrau und Mutter. Felix hatte in dieser Zeit weiterhin die Freiheit, sich musikalisch zu entwickeln, um schließlich die an Einfluss und Beliebtheit überragendste Musikergestalt zu werden, die Mitteleuropa im 19. Jahrhundert kannte.

Während Felix musikalisch weiterreifte, heiratete seine Schwester den Maler Wilhelm Hensel. Hensel erkannte, wie sehr seine Frau unter der Vergeudung ihrer musikalischen Talente litt, und bestand darauf, dass sie sich mehrere Stunden in der Woche dem Schreiben von Musik widmen solle. Auch Felix pflichtete dem nachdrücklich bei und veröffentlichte einige ihrer Lieder in seinen eigenen Zyklen. Des Weiteren veranstaltete Fanny an Sonntagnachmittagen in ihrem Haus Salonkonzerte, die in ihrer geliebten Stadt Berlin großes Interesse fanden; derartige Konzerte wurden Fannys Beispiel folgend dann auch von anderen Frauen dieser Zeit veranstaltet. Im vergangenen Jahr widmete sich eine Ausstellung im Jewish Museum in New York City diesen "Salons".

Auch nachdem Felix die schöne Französin Cécile Jeanrenaud heiratete, setzte sich das eng miteinander verwobene Leben der beiden Geschwister fort. Der über 1000 Briefe umfassende Briefwechsel zwischen beiden ist Zeugnis für ihre gegenseitige Hingabe. Selbst in der Zeit, in der sie in verschiedenen Städten lebten, war es so, als ob der eine nicht ohne den anderen leben könnte.

Dies stellte sich dann auch als nur allzu wahr heraus. 1847 erlitt Fanny im Alter von 41 Jahren einen tödlichen Schlaganfall. Als Felix, 38 Jahre alt, dies erfuhr, erlitt er einen vollständigen Zusammenbruch; nach mehreren vergeblichen Genesungsversuchen erlag er dem gleichen Schicksal wie seine Schwester und starb nur sechs Monate nach ihrem Tod.

Zum Zeitpunkt seines Todes hatte Felix Mendelssohn den Zenith der europäischen Kulturwelt erreicht; auch sein geliebtes England zählte dazu. Er war der am meisten respektierte, einflussreichste und beliebteste Künstler seiner Zeit. Seine Musik wurde mehr als dreimal so häufig wie die des am zweithäufigsten gespielten Mozart aufgeführt. Sein Talent wurde mit Beethoven und Mozart verglichen. Niemand zweifelte die Großartigkeit seiner Musik an. Außer einem Menschen.

Drei Jahre nach Mendelssohns Tod veröffentlichte ein junger Zeitgenosse, Richard Wagner, ein entwürdigendes Buch mit dem Titel "Das Judentum in der Musik". Dieses Buch markierte den Anfang von Mendelssohns erstaunlich schneller Demontage in Europa. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fanden die Auswirkungen von Wagners Bemühungen – in der düstere Epoche des Antisemitismus und im deutschem Nationalsozialismus – ein Ende. Das künstlerische Erbe von Felix und Fanny Mendelssohn überlebte kaum. Es ist das Ziel von The Mendelssohn Project, dieses unbezahlbare Vermächtnis wieder auferstehen zu lassen.