RICHARD WAGNERS ZERSTÖRUNG VON
FELIX MENDELSSOHN – EIN KURZER ÜBERBLICK

In den 1840er Jahren, als Felix Mendelssohn (1809–1847) den Höhepunkt seiner Berühmtheit sowie Einfluss und Autorität in der Musik– und Kulturszene Mitteleuropas genoß, hatte ein vier Jahre jüngerer Komponist den für ihn vorbestimmten Gipfel noch nicht erreicht. Die Rede ist von Richard Wagner (1813-1883). Mendelssohn und Wagner hatten im Laufe dieser Jahre einige Male miteinander zu tun, und machten dabei nicht nur angenehme Erfahrungen. Ihre jeweiligen Sichtweisen auf die zukünftige Entwicklung der deutschen Musik unterschieden sich beträchtlich. Wagner, der Opernkomponist, sah sein Medium als die neue Richtung an, und darin auch die Möglichkeit, seinen Glauben an den pan-germanischen Nationalismus zu pflegen und zu verbreiten. Mendelssohn, der ein loyaler Deutscher, aber kein Nationalist war, hatte die Vision einer Musikwelt, die von Kammermusik, Chormusik und Oratorien sowie dem Sinfonieorchester dominiert ist.

Felix Mendelssohn gelang es, in Europa diese erwünschte Ausrichtung zu verwirklichen. Aber bald nach seinem Tod kam es zur Deutsche Revolution, die Nationalismus und Rassismus nach sich zog. Plötzlich hörte die Bevölkerung auf Richard Wagners Stimme, und er nutzte diesen Effekt beim Schreiben seiner Opern.

Auch in seiner Prosa machte er seine Meinung populär. In den frühen 1850er Jahren schrieb Richard Wagner eine Flugschrift mit dem Titel Judentum in der Musik, die nach Erweiterung des Textes in Folge als Buch veröffentlicht wurde. Der Hauptaspekt dieses Buches war für Wagner, die Gründe zu erläutern, warum Juden eine zerstörerische Wirkung auf die Künste hätten und warum sie vom Deutschen Reich nicht akzeptiert werden sollten.

Felix Mendelssohn, der einige Jahre nach seinem Tode immer noch eine überragende Musikergestalt in Europa war, wurde ein Paradebeispiel im Sinne Wagners. " . . . Das Judentum ist das schlechte Gewissen unserer modernen Zivilisation." Für Wagner spielte es keine Rolle, dass der als Jude geborene Mendelssohn als Kind zum Christentum konvertiert war. In vielen Details erläuterte er, warum 'sie' unfähig waren, großartige Musik zu schreiben. 'Ihr Blut' verhinderte es.

Wagners Buch wurde ein nationaler 'Bestseller', da es genau das Gedankengut einer Mehrheit von Deutschen traf. Es war nur noch eine Frage weniger Jahre, bis Felix Mendelssohns Musik, zuvor die meistgespielte Musik in Mitteleuropa (und das mit großem Abstand), fast überhaupt nicht mehr aufgeführt wurde. Und der große germanische Opernkomponist blieb, wie in seinen Briefen und anderen seiner in seinem langen Leben geschriebener Texte gut dokumentiert ist, bis zu seinem Tod im Jahre 1883 davon besessen, das Vermächtnis von Felix Mendelssohn zu verunglimpfen.

Es gab über die Jahrzehnte hinweg vereinzelte Wiederbelebungen von Mendelssohn, darunter eine in den 1920er Jahren, die erfolgreich genug war, die Nazis 1936 dazu zu bringen, Mendelssohns Namen zu ihrer langen Liste der in Deutschland verbotenen Künstler hinzuzufügen.

Die wahre, umfassende Wiederentdeckung Mendelssohns begann erst in den 1990er Jahren, aber das Vermächtnis dieses überragenden Komponisten trägt immer noch die Narben dessen, was Richard Wagner und seine Anhänger der Welt im späten 19. Jahrhundert jahrzehntelang vermittelten. Der Großteil dessen, was Felix Mendelssohn geworden war und erreicht hatte, wurde durch Rassismus, und vielleicht auch durch Missgunst, angegriffen und schließlich zerstört.

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